Das BAG-Urteil zur Arbeitszeiterfassung - Was Sie wissen müssen
Von EasyHours | 3. April 2025
Ein leicht verständlicher Leitfaden zur Pflicht der Arbeitszeiterfassung für deutsche Unternehmen

Tags: Arbeitszeiterfassung, BAG-Urteil, Arbeitsschutzgesetz, Arbeitszeit, Ruhezeit, Zeiterfassung, deutsches Arbeitsrecht
Seit dem wegweisenden Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. September 2022 besteht in Deutschland die Pflicht zur systematischen Arbeitszeiterfassung. Diese Entscheidung basiert auf einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2019 und verpflichtet alle deutschen Arbeitgeber, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu dokumentieren - auch ohne dass ein neues Gesetz verabschiedet wurde.
In diesem Beitrag erläutern wir alles, was Sie als Arbeitgeber über die aktuelle Rechtslage wissen müssen - von den Hintergründen des BAG-Urteils bis hin zu den praktischen Anforderungen und der Umsetzung. Wir geben Ihnen konkrete Ratschläge, wie Sie die Vorgaben erfüllen können, ohne unnötigen Verwaltungsaufwand.
Egal, ob Sie ein kleines Unternehmen oder eine größere Organisation führen, dieser Leitfaden hilft Ihnen, Ihre Verpflichtungen zu verstehen und erfolgreich ein System zur Arbeitszeiterfassung zu implementieren.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Hintergrund: BAG-Urteil und EU-Rechtsprechung
- Für wen gilt die Pflicht?
- Was müssen Arbeitgeber konkret tun?
- Folgen bei Nichteinhaltung
- Die Anforderungen praktisch umsetzen
Einführung zur Pflicht der Arbeitszeiterfassung
Seit dem BAG-Urteil vom 13. September 2022 gilt in Deutschland die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Arbeitgeber bereits nach geltendem Recht verpflichtet sind, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Diese Pflicht ergibt sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Siehe auch unseren kompletten Leitfaden zur Arbeitszeiterfassungspflicht.
Wichtig: Ein umfassendes neues Gesetz zur Arbeitszeiterfassung ist noch in Arbeit, aber die Pflicht besteht bereits jetzt durch das BAG-Urteil.
Hintergrund: BAG-Urteil und EU-Rechtsprechung
Der Hintergrund der aktuellen Rechtslage liegt in einem wichtigen EU-Urteil und der darauf basierenden Entscheidung des BAG:
EU-Urteil 2019: Im Mai 2019 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) im sogenannten CCOO-Verfahren, dass alle EU-Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit einzurichten.
BAG-Urteil 2022: Das Bundesarbeitsgericht setzte diese EU-Vorgabe in deutsches Recht um. Es interpretierte das bestehende Arbeitsschutzgesetz so, dass bereits heute eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht - ohne auf ein neues Gesetz warten zu müssen.
Die Arbeitszeiterfassung dient dem Schutz der Arbeitnehmer und soll sicherstellen, dass:
- Die maximale Arbeitszeit von 8 Stunden täglich (bzw. 10 Stunden bei Ausgleich) eingehalten wird
- Die Mindestruhezeit von 11 Stunden gewährleistet ist
- Überstunden korrekt erfasst und vergütet werden
- Die Sonntagsruhe und der Feiertagsschutz beachtet werden
Für wen gilt die Pflicht?
Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gilt grundsätzlich für alle Arbeitgeber in Deutschland - unabhängig von Branche, Unternehmensgröße oder Rechtsform. Das bedeutet:
- Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind ebenso betroffen wie Großkonzerne
- Sowohl private als auch öffentliche Arbeitgeber müssen die Vorgaben umsetzen
- Die Pflicht gilt für alle Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes
Mögliche Ausnahmen können für folgende Personengruppen gelten:
- Leitende Angestellte nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG
- Chefärzte und liturgisches Personal
- Personen mit besonderer Vertrauensstellung
Wichtig: Diese Ausnahmen sind eng auszulegen. Im Zweifel sollte die Arbeitszeit erfasst werden. Lesen Sie mehr über Zeiterfassung für Angestellte und verschiedene Mitarbeitergruppen.
Was müssen Arbeitgeber konkret tun?
Als Arbeitgeber müssen Sie ein System einführen, das die Arbeitszeit Ihrer Mitarbeiter erfasst. Dabei gelten folgende Anforderungen:
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Systematische Erfassung: Sie müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dokumentieren. Eine bloße Erfassung von Überstunden reicht nicht aus.
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Objektives System: Die Erfassung muss objektiv nachvollziehbar sein. Das kann durch verschiedene Methoden erfolgen - von der handschriftlichen Aufzeichnung bis zur digitalen Zeiterfassungs-App.
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Verlässlichkeit: Die Daten müssen sicher gespeichert und vor Manipulation geschützt werden. Bei digitalen Systemen sollten Änderungen nachvollziehbar sein.
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Zugänglichkeit: Sowohl Arbeitnehmer als auch Kontrollbehörden müssen bei Bedarf Zugang zu den Aufzeichnungen erhalten können.
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Aufbewahrungspflicht: Arbeitszeitaufzeichnungen müssen mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden (bei Überstunden, die ins Arbeitszeitkonto fließen, sogar länger).
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Mitbestimmung beachten: Falls ein Betriebsrat vorhanden ist, hat dieser bei der Einführung und Ausgestaltung des Systems ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.
(Haben Sie Fragen zur praktischen Umsetzung? Sehen Sie unsere FAQ zur Arbeitszeiterfassung mit Antworten auf die häufigsten Fragen.)
Folgen bei Nichteinhaltung
Die Nichtbeachtung der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung kann erhebliche Konsequenzen haben:
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Bußgelder: Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz können mit Bußgeldern bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Bei vorsätzlichen Verstößen drohen sogar strafrechtliche Konsequenzen.
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Anordnungen der Behörden: Die Arbeitsschutzbehörden können die Einführung eines Zeiterfassungssystems anordnen und dessen Umsetzung kontrollieren.
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Beweislastumkehr: Ohne ordnungsgemäße Zeiterfassung können Sie im Streitfall nicht beweisen, dass Arbeitszeiten eingehalten wurden. Dies kann zu Nachzahlungen von Überstunden führen.
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Haftungsrisiken: Bei Arbeitsunfällen oder Gesundheitsschäden durch Überarbeitung können Haftungsfragen entstehen, wenn keine ordnungsgemäße Zeiterfassung nachgewiesen werden kann.